Das erste Licht (“First Light”)
Am 26. Februar 2011 waren die wesentlichen Komponenten der Empfangskette fertig gestellt und das Teleskop konnte manuell gesteuert werden. An diesem Tag wurde das Teleskop auf ein Gebiet der Milchstraße gerichtet und mittels des Fast Fourier Transform Spectrometers (FFTS) nach Emissionen des neutralen Wasserstoffs (HI) gesucht.
Und in der Tat konnte ein sauberes Signal empfangen werden. Wir sehen das als unser „erstes Licht“ nach der Restaurierung des Teleskops an.
Abb. 1: Das erste Licht auf dem Spektrometer (Sky frequency beträgt 1450MHz – Frequenz der X-Achse)
Entwicklung der Instrumentensteuerung
Angespornt durch das “erste Licht” wurde ein erheblicher Teil des Aufwandes in die Rechnersteuerung für das Teleskop und die Datenerfassung gesteckt. Damit kann das Instrument heute nun automatisch auf Quellen fahren und diese verfolgen. Darüber hinaus können Bereiche in terrestischen, galaktischen und Himmelskoordinaten abgescannt werden.
Die Datenerfassungssoftware unterstützt alle Backends für Kontinuum, spektrale Messungen sowie Pulsarbeobachtungen. Damit kann der Astropeiler für eine Vielzahl von Beobachtungen eingesetzt werden.
Das “Astropeiler Stockert Software System” für Teleskopsteuerung und Datenerfassung basiert auf einer Eigenentwicklung des Fördervereins. Dieser Ansatz einer eigenständigen Entwicklung anstelle einer Übernahme und Anpassung von Software von Dritten war eine schwierige Entscheidung. Dieser Schritt ermöglicht aber nun eine eigenständige Fortentwicklung und Wartung der Software, die spezifisch die Teleskophardware nutzen kann. Die Nachverarbeitung der Daten erfolgt typischerweise durch Programmpakete, die in der Radioastronomie allgemein verwendet werden, wie z.B. CLASS und sigproc.
Messungen
Schritt für Schritt konnten parallel zu der Inbetriebnahme verschiedene Messungen gemacht werden. Ziel hierbei war es, soviel wie möglich an Erfahrung zu gewinnen und dabei die Eigenschaften des Instrumentes kennenzulernen. Ausgangspunkt hierbei waren die verschiedenen radioastronomische Phänomene wie sie in Lehrbüchern und anderen Veröffentlichungen beschrieben sind. Hierdurch konnte ein breites Spektrum von verschiedenen Radioquellen erfasst werden:
Kontinuumsignale von galaktischen Quellen:
• Supernova remnants (SNR): Cassiopeia A, Taurus A (Crab nebula), Tycho, 3C157
• H II Regionen: Orion nebula, North America nebula, Omega nebula, 3C400, Heart nebula, Rosetta nebula, Trifid nebula, Gamma Cygnus nebula
• Galaktisches Zentrum (Sagittarius A)
Abb 2: Beispiel eines Cross-Scans des Orion Nebels, vertikale Skala: Intensität in willkürlichen Einheiten
Spektrale Messungen in Richtung galaktischer Quellen:
• HI Emissionsspektrum in der galaktischen Ebene von l= 0° bis 240° und an verschiedenen anderen Stellen
• HI Absorptionsspektrum in Richtung CAS, TAU A, Trifid Nebel, Sagittarius A
• HI Emissionsspektren von “high velocity clouds” an verschiedenen Stellen
• Hα166, 167, 169 Rekombinationslinien aus dem Orion Nebel
• Hα166, 167, 168 Rekombinationslinien aus dem Omega Nebel
• Hα166 Rekombinationslinie aus dem Trifid Nebel
Abb 3: Beispiel einer “kalten” HI Emission außerhalb der galaktischen Ebene
Abb 4: Beispiel einer Radio-Rekombinationslinie: H α 166 vom Orion Nebel, aufgenommen mittels Frequenzsprungverfahren (daher sowohl ein positives und ein negatives Signal), vertilkale Skala Brightness temperature
Pulsarbeobachtung:
Der Pulsarmode des FFTS Spektrometers erlaubt die Erfassung von Pulsarsignalen:
Abb 5: Pulsar Signal vom 0329+54
Extragalaktische Quellen:
Nahegelegene Galaxien konnten anhand ihrer HI Emission detektiert werden. Die so aufgenommenen Galaxien waren:
• Andromeda, Triangulum, Holmerg II, UGC3851, M 82, UGC 718
Abb 6: Beispiel: Wasserstoff Emission der UGC4305 (Holberg II) Galaxie. Weiterhin ist die Emission einer “high velocity cloud” und die “normale” Wasserstoff Emission aus unserer Galaxis in diesem Spektrum zu sehen.
Kontinuumstrahlung von Galaxien mit aktivem galaktischem Kern (AGN) wurde von den folgenden Quellen beobachtet.
• Cygnus A, Virgo A, Perseus A, 3C353, Herkules A, 3C273, 3C123, 3C438, 3C295, 3C147, 3C286, 3C196, 3C309.1
Abb 7: Beispiel: Rektaszension-Scan der Herkules A Galaxie, vertikale Skala ist die Intensität in willkürlichen Einheiten
Ergebnisse
Die Messungen zeigen, dass das Instrument heute wieder in der Lage ist, eine Vielzahl von radioastronomischen Phänomenen zu detektieren. Wir haben ebenfalls Bereich identifiziert, in denen eine Optimierung möglich ist. Das wichtigste Ziel hierbei ist die Verbesserung der Empfängerstabilität, bei dem ein Problem aufgetreten ist. Dies wird zum Ende des Jahres 2011 angegangen, wenn der Empfänger aus dem Primärfokus zur Überprüfung ausgebaut wird.
Ausblick
Wir erwarten eine Reihe von Veranstaltungen im Jahr 2012. So werden Studenten von Universitäten praktische Erfahrung in der radioastronomischen Beobachtung sammeln. Wir werden Besuche von Schulen und Fortbildungsveranstaltungen für Lehrer haben.
Der Schwerpunkt des Messbetriebes wird in der Weiterentwicklung der Software und in der Verbesserung der Empfindlichkeit, Stabilität und Auflösung des Instrumentes liegen. Die wissenschaftlich tätigen Radioastronomen beginnen, sich für die Möglichkeiten des Astropeilers zu interessieren. Wenn die Dinge gut laufen, werden wir vielleicht im kommenden Jahr erstmalig wieder eine wissenschaftliche Nutzung unserer alten Dame nach einem langen Winterschlaf sehen.
Danksagung
Ohne die Unterstützung von verschiedenen Organisationen und Einzelpersonen wäre all dies nicht möglich gewesen. Wir sind der Nordrhein-Westfalen Stiftung außerordentlich dankbar, dass sie durch finanzielles Engagement, dauerhafte Unterstützung und Ermutigung den Förderverein in seiner Aufgabe gefördert hat. Ohne die mutige Entscheidung der Stiftung, in dieses hervorragende Monument von Wissenschaft und Technik zu investieren, wäre alle Mühe umsonst gewesen.
Wir haben unschätzbare Unterstützung in der Technologie, durch Rat und praktische Hilfe durch das Max-Planck Institut für Radioastronomie (MPIfR), die Fraunhofer Gesellschaft für Hochfrequenzforschung (FHR), das Argelander Institut für Astronomie der Universität Bonn und die Hochschule Bonn-Rhein erfahren. Schließlich haben sich die Mitglieder der Fördervereins nach besten Kräften um all die großen und kleinen Dinge gekümmert, ohne die eine Revitalisierung dieses alten, aber immer noch leistungsfähigen Instrumentes nicht möglich wäre.
Stand November 2011 / Autor: Wolfgang Herrmann